Balkonkraftwerke erfreuen sich in Deutschland großer Beliebtheit. Ökostrom in den eigenen vier Wänden zu generieren, egal ob als Mieter oder Eigentümer, motiviert die Solaristen bis in die Haarspitzen, ihre Stromkosten zu senken.
Es ist inzwischen kein Hexenwerk mehr, in Eigenregie ein Balkonkraftwerk am Balkon, im Garten oder auf der Terrasse zu installieren. Module aufstellen, mit dem Micro-Wechselrichter verkabeln und den Stecker in die Haushaltssteckdose verbinden. Voila, fertig ist die Mini-PV-Anlage.
Doch halt. So einfach wird es den Solaristen in Deutschland dann doch nicht gemacht. Geht es nach dem VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE), müssen spezielle Einspeisesteckdose, sogenannte Wieland-Steckdose, verwendet werden.
Nein, keine Schuko-Stecker, der haushaltsüblich anzutreffen ist, es müssen Wieland-Steckdosen verbaut sein, um sich normgerecht (DIN VDE V 0100-551-1 und DIN VDE V 0628‐1) zu verhalten. Das wäre doch viel zu einfach. Bürokratie at its best. Eine Elektro-Fachkraft muß herangezogen werden, um eine eigene Zuleitung für die Wieland-Einspeisesteckdose zu legen.
Das schreckt potientelle Solaristen ab, schließlich möchte man die Anlage gesetzestreu aufstellen. Die Installation der Einspeisesteckdose lassen sich die Elektrofachkräfte mit 150 bis 250 Euro vergüten, damit wird der gute Wille der Solaristen konterkariert.
Der normgerechte Betrieb einer Balkon-Solaranlage, wie vom VDE festgelegt, ist also nur mit Einspeisestecker und Einspeisesteckdose möglich.
Zuletzt versuchte die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) den Schukostecker in einer neuen Produktnorm festzuschreiben. Der Versuch scheiterte unter anderen am Veto des VDE, wie heise online berichtet hat.
Die Netzbetreiber und die Versicherungsindustrie ließen sich von der DGS nicht überzeugen, dass Schukostecker für den Betrieb von Balkonkraftwerken ebenso sicher seien.
Zwar besitzen VDE-Normen keine Gesetzeskraft, doch die Verunsicherung bei den Verbrauchern lässt sich nicht wegdiskutieren. Im Schadensfall ist man mit der normgerechten Lösung auf der sicheren Seite.
Ein Blick in die Alpenrepublik Österreich oder in die Schweiz verrät, dass hierzulande für den Beginn einer Energiewende von unten Sand im Getriebe ist.
In beiden Nachbarländern Deutschlands darf jeder Bürger für den Betrieb eines Balkonkraftwerks den Schukostecker nutzen, dort besteht kein Zwang einer Wieland-Steckdose.
Die DGS versucht in Deutschland, den Schukostecker als Produktnorm festzuschreiben. Dazu beteiligt sie sich an einem Arbeitskreis, der für die neue Norm bei Mini-Solaranlagen verantwortlich zeichnet. Neben der DGS zählen Indielux, Solarinvert, das Solar-Info-Zentrum, die Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE (DKE) und das Fraunhofer ISE zum weiteren Arbeitskreis.
Ob der Schuko-Stecker genug Schutz für eine Mini-PV-Anlage gewährleisten kann, darüber herrscht Uneinigkeit in dem Gremium. Oberstes Gebot ist die Sicherheit, keinen Stromschlag zu bekommen.
Die freiliegenden Pins bei einem Schuko-Stecker in Verbindung mit dem Wechselrichter seien bei Berühren theoretisch gefährlicher als beim Wieland-Pendant, der mit Plastik umhüllt ist. Bei Berührung des Wieland-Steckers passiert also gar nichts.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Der Schuko-Stecker in Verbindung mit dem Wechselrichter bietet ebenso die notwendige Sicherheit. Denn Wechselrichter arbeiten nur mit Strom. Sobald dieser vom Stromkreis getrennt wird, erfolgt innerhalb von 0,2 Sekunden eine Unterbrechung. Der sogenannte Netz- und Anlagenschutz oder auch kurz NA-Schutz ist bei allen netzparallel betriebenen Wechselrichtern vorgeschrieben.
Youtuber Felix Goldback/Money For Future hat schon mal einen Selbstversuch mit dem Schukostecker gewagt, der mit Erfolg gekrönt wurde. Passiert ist rein gar nichts. BITTE NICHT NACHMACHEN !!!
Die berechtige Frage lautet also: Erfüllt der Schuko-Stecker in Kombination mit einem Wechselrichter nicht auch die Vorgaben? Nichtsdestotrotz installieren die Mehrheit der Verbraucher ihre Mini-PV-Anlage mit dem Schukostecker, schließlich gilt es die Energiewende herbeizuführen. Es bleibt im Sinne des Klimawandels zu hoffen, dass der Schuko-Stecker doch noch als zusätzliche Produktnorm verabschiedet wird…
5 Antworten zu “Schuko- oder Wielandstecker? Sand im Getriebe in Deutschland”
Die Frage in dieser Angelegenheit lautet doch, darf der Netzbetreiber den Betrieb einer Mini-PV-Anlage mit einem NA-Wechselrichter, verbieten? Entfällt der Versicherungsschutz bei der Benutzung eines Schuco-Steckers? Diese beiden Fragen sollten rechtlich abgeklopft werden.
Hallo Herr Stange, ein Blick in die Schweiz oder nach Österreich sagt doch einiges aus. Da werden Schuko-Stecker als selbstverständlich akzeptiert. Verbote hierzulande, es ist immer das gleiche Schema, die Leute setzen sich dann darüber hinweg. In den Versicherungsverträgen, zumindest bei der HUK, bei der ich Kunde bin, bestand kein Interesse, ob Schuko-oder Wielandstecker.
Hast du dazu was schriftliches von der HUK? Sind auch dort versichert.
Besten Dank!
Hallo, im Tarif Plus ist die Absicherung mitenthalten.
Hallo, betrifft das die Hausrat oder Wohngebäudeversicherung?