WEG-/Mietsrecht-Entwurf: Anspruch auf Balkonkraftwerk, DUH fordert Konkretisierung

Balkonkraftwerk Wasserburg a Bodensee ©EHirsch

Die erfolgreiche Balkonsolar-Petition mündete in das Solarpaket I des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. Der Gesetzentwurf soll in diesen Tagen in den Bundestag eingebracht und bis Ende des Jahres als Gesetz beschlossen werden, so zumindest die vorläufigen Planungen in Berlin.

Gute Neuigkeiten für die Photovoltaik-Branche könnte man meinen. Doch eine zentrale Forderung der Balkonsolar-Petition fehlt leider im Solarpaket I: das Recht des Bürgers auf ein Balkonkraftwerk in der Miet- und Eigentumswohnung. Bisher nicht im Solarpaket I verankert.

Abhilfe schafft jetzt das Bundesministerium der Justiz, das einen entsprechenden Referentenentwurf inzwischen vorgelegt hat. Zentraler Inhalt: Bürokratische Hürden sollen abgebaut werden.

It’s all about Energiewende

Steckersolargeräte können einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten. Die Bundesregierung möchte deshalb die rechtliche Hürden für den Einsatz dieser Geräte abbauen. Hierzu sollen das Wohnungseigentums- und das Mietrecht punktuell fortentwickelt werden:

„Mit der Anpassung des Wohnungseigentumsrechts setzen wir unser Programm der Modernisierung des Rechts fort“, erklärt Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann (FDP). „Und auch hier folgen wir der Devise: Mehr Flexibilität und Freiheit – weniger Bremsen und Verbote.“

Das bedeutet im Klartext, dass Balkonkraftwerke in Eigentums- und Mietwohnungen einfacher zu installieren sind, Genehmigungen der Wohnungseigentümergemeinschaften-/Gesellschaften oder der Vermieter können aus nichtigen Gründen nicht mehr so einfach verweigert werden.

„Außerdem erleichtern wir den Anschluss von Steckersolargeräten in Miet- und Eigentumswohnungen. Wer auf dem Balkon einen Beitrag zur Energiewende leisten will , dem soll es das Recht nicht unnötig schwer machen“, bestätigt Justizminister Buschmann in einer Pressemitteilung vom 13. September.

„Privilegierte Maßnahme“: Anspruch auf Balkonkraftwerk

Die Stromerzeugung durch Steckersolargeräte soll daher jeweils in den Katalog der sogenannten privilegierten baulichen Veränderungen aufgenommen werden. Dazu muß das Wohnungseigentumsgesetz und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) durch Buschmanns Behörde angepasst werden. Analog bestehen solche priviligierten Maßnahmen bereits beim Glasfaserausbau oder der Errichtung von Ladesäulen für E-Autos.

Balkonkraftwerk Wasserburg ©EHirsch

Mitspracherecht für WEGs und Vermieter

Wenn der Gesetzesentwurf noch den Bundesrat und Bundestag passiert und letztendlich in Kraft tritt, haben Wohnungseigentümerinnen und -eigentümer und Mieterinnen und Mieter grundsätzlich einen Anspruch darauf, dass ihnen die Installation gestattet wird.

Da die Installation von Steckersolargeräten in der Regel eine bauliche Veränderung darstellt, wird es in der Praxis aktuell schwierig, die erforderliche Mehrheit für ein Balkonkraftwerk sowohl im Mietrecht als auch im WEG zu erlangen.

Die Verweigerungstaktik vieler WEGs, Wohnungsbaugesellschaften oder Eigentümerinnen und Eigentümer gehört mit der Gesetzesänderung damit der Vergangenheit an. Ihnen bleibt lediglich ein Mitspracherecht hinsichtlich des „Wies“ der Installation.

Doch auch hier steckt ebenfalls der Teufel im Detail. Was ist unter dem „Wie“ zu verstehen? Mit dem neuen Gesetzesentwurf muß der Vermieter bzw. die WEG nach wie vor Grünes Licht erteilen, ohne vorherige Absprache darf kein Balkonkraftwerk installiert werden.

Bei der Entscheidung über das „Wie“ hat die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen Ermessensspielraum, sagt auch der Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums auf seinen FAQ-Webseiten. Nicht zulässig sei es, durch überzogene Vorgaben zum „Wie“ letztlich die Installation zu verhindern.

Deutsche Umwelthilfe fordert Konkretisierung des Mitspracherechts

Wie sieht das in der Praxis aus? Wie hat die Aufständerung zu erfolgen, darf überhaupt aufgeständert und in die Substanz des Anwesens eingegriffen werden, welche Farben, welche Größe darf das Solarmodul haben? Darf man in die Balkonbrüstung bohren, wie sieht es mit der Anbringung bei Wärmedämmung aus? Darf das Balkonkraftwerk über den Balkon darüber ragen? Wo wird es angebracht, beschädige ich möglicherweise die Fassade? Muß eine einheitliche Gestaltung erfolgen?

Fragen über Fragen. Genaue Antworten liefert das Bundesjustizminsterium leider auch nicht. Daher hat die Deutsche Umwelthilfe klare Kriterien beim Mitspracherecht statt Genehmigungs-Willkür von Vermietern in einer Pressemitteilung vom 19.10.23 gefordert.

„Es kann nicht sein, dass Mieterinnen und Mieter bei der Anbringung von Balkonkraftwerken der Willkür ihrer Vermieter überlassen werden“, sagt Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH.

„Es braucht dringend transparente rechtliche Rahmenbedingungen, die die Energiewende zuhause unterstützen und nicht ausbremsen. Deshalb muss Justizminister Marco Buschmann das geplante Mitspracherecht von Vermietern zum Beispiel mit einem Kriterienkatalog ganz klar definieren. Damit kann eine Klagewelle von potenziell hunderttausenden Betroffenen und weitere Verzögerungen bei der Energiewende von unten verhindert werden. Menschen, die einen Beitrag zur Energiewende leisten wollen, dürfen nicht mehr länger von der Politik im Regen stehen gelassen werden. Wir stehen hinter den Betroffenen und unterstützen, wo nötig, auch weiter vor Gericht“, führt Metz weiter aus, deren Organisation zuletzt einen Kieler Mieter erfolgreich bei einer Klage zur Anbringung einer Steckersolaranlage unterstützt hat.

Kein Mensch hat Interesse, dass das „Wie“ letztendlich vor Gericht ausgefochten wird. Spannung ist garantiert in den kommenden Wochen und Monaten. Es bleibt abzuwarten, wie das Bundesjustizministerium darauf reagiert und wann das Gesetz tatsächlich in Kraft treten kann.


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